5) Bonsai-Erde
Der Baum ist um so dauerhafter,
je besser er die Säfte der Erde aufzubereiten weiß.
SAINT-EXUPÉRY
Wie Bonsai-Erde beschaffen sein soll, lässt sich am besten von den Eigenschaften des Bodens ableiten, die für unsere Bäumchen günstig sind.
Wir brauchen wasserdurchlässige Erde mit genügend Sandanteilen (Korngröße bis 3 mm). Der pH-Wert des Bodens sollte dem Bedürfnis der jeweiligen Baumart entsprechen. Die Erde sollte möglichst steril sein, also frei von Bakterien, Pilzen und Schädlingen.
Wir unterscheiden mehrere Bodentypen mit ungleicher Durchlässigkeit: Sand und Humus sind wasserdurchlässig, lehmige Böden halten Wasser zurück, was leicht zu Staunässe führen kann. Die Bonsai-Erde sollte so beschaffen sein, daß sie das Gießwasser halten kann und einige Zeit feucht bleibt, überschüssiges Wasser jedoch abgibt. Staunässe würde Fäulnis verursachen, zu schnelles Abfließen des Wassers würde dagegen zu Trockenschäden und letztlich zum Absterben der pflanzen führen. Wer keine geeignete Erde vorrätig hat, kann durch Zusätze den Boden verbessern Schwere, lehmreiche Böden werden durchlässiger mit Sand, Torf und zerkleinerten Styroporteilchen. Sehr leichte Böden wie Sand, die fast kein Wasser halten können, lassen sich durch Lehmzusatz verbessern.
Kleine Steine und Styroporteilchen im Boden sorgen für bessere Durchlüftung und wirken der Verklumpung entgegen. Sie veranlassen die Wurzeln, immer wieder ihre Wuchsrichtung zu ändern. ln der Natur bilden Steine oft Hindernisse, an denen sich die Wurzeln festklammern können. Nicht zuletzt vermittelt eine mit Steinchen durchsetzte Erde gerade bei Bonsais den Eindruck eines natürlichen Untergrundes. Was es mit dem pH-Wert (sprich pe-ha) auf sich hat, erläutere ich auf Seite 17. Seine exakte Beurteilung ist nur mit besonderen Messeinrichtungen möglich. Zur Zeit gibt es für den Privatmann zwei erschwingliche Systeme auf dem Markt:
• Das pH-Meter von Heilige. Etwas umständliche Messung mittels IndikatorLösungen.
• Den pH-Test von Takemura. Elektronische Stabmessung. Falls Sie Ihren Boden prüfen und einen pH-Wert zwischen 6 und 8 ermitteln, können Sie davon ausgehen, das es Ihren Bäumchen in dieser Erde gefällt. Der Wert kann sich nach unten oder oben verändern, wenn Staunässe eintritt oder wenn wir beispielsweise Erde von einem Kompost verwenden, der mit Kalk behandelt wurde oder auf dem Fäulnis anstelle gesunder Verrottung stattfand.
Erde dämpfen
Jede Erde enthält Schaderreger, Krankheitskeime und Unkrautsamen, die vor allem den jungen Pflänzchen gefährlich werden können. Durch Sterilisieren bzw. Dämpfen der Erde werden sie abgetötet. Zum Dämpfen verwende ich einen ausgedienten Dampfkochtopf (Fassungsvermögen etwa 5 Liter). Zunächst wird ein halber Liter Wasser eingefüllt, dann stellt man den mit Erde gefüllten 1. Einsatz (mit Füßchen) ein und darauf den ebenfalls Erde enthaltenden 2. Einsatz. Nun wird der Deckel aufgesetzt und das Wasser erhitzt, bis am Sicherheitsventil der 1 rote Ring erscheint. Er soll 15 Minuten lang in dieser Stellung bleiben. Während dieser Zeit werden alle Lebewesen in der Erde abgetötet. Danach nimmt man den Topf von der Heizplatte, lässt den Dampf rasch ab, öffnet den Deckel und trocknet die sterilisierte Erde auf einer sauberen Unterlage dünn ausgebreitet an der Sonne. Die feinsten Anteile siebt man mit einem Haarsieb heraus (siehe Seite 34), vermengt sie mit Sand, Torf und Lehm und verpackt die Mischung in handliche Kunststoffbeutel.
Erdmischung
ln der Literatur werden zum Thema Erdmischungen so viele Rezepte angeboten, dass man als Anfänger fast die Übersicht verliert. Es ist zwar richtig und lässt sich allenthalben in der Natur beobachten Auf den verschiedenen Böden finden sich jeweils typische Pflanzengesellschaften ein. Der Bonsai-Anfänger wäre aber sicherlich überfordert, wollte er für jede Baumart ein bestimmtes Erdgemisch herstellen.
Anzuchterde
Für die Anzucht meiner Bonsais verwende ich eine Erde, in der sich alle Jungpflanzen wohl fühlen. Ich probierte verschiedene Gemische aus und halte mich nun an das folgende Rezept: Humus, Torf, grober Sand (Korngröße 1 bis 3 mm) und Lehm im Verhältnis 5 : 2 : 2 : 1.
Der Humus (Walderde oder gut verrotteter Kompost) sollte zum Mischen krümelig und nicht zu feucht sein. Von Humus, Torf und Lehm verwenden wir die Partikel, die durch ein 5-mm-Sieb hindurchfallen, im 1-mm-Sieb aber liegenbleiben (vgl. Tabelle Seite 34).
Ähnlich zusammengesetzt ist übrigens auch die käufliche Bonsai-Erde, die der Handel nur in einer einzigen Sorte anbietet.
Der pH-Wert
Je nach Untergrund, Bodenbeschaffenheit und Zersetzungsvorgängen weisen unsere Böden verschiedene Säuregrade auf. Entsprechend diesem Säuregrad siedeln sich auf den verschiedenen Bodentypen charakteristische Pflanzen an, die zusammen natürliche Pflanzengesellschaften bilden und als Bodenanzeiger eine bedeutende Rolle spielen können. So kennen wir zum Beispiel für Sumpfwiesen auch die Bezeichnung »saure Wiesen«. Hier gedeihen nicht nur Sumpfgräser gut, sondern auch bestimmte Baumarten: Weiden, Pappeln, Erlen. Wo immer wir solche Pflanzen in der Landschaft antreffen, weisen sie auf einen feuchten, sauren Boden hin. Für die Qualität eines Bodens hat der pH-Wert zweierlei Bedeutung. Er beeinflusst:
• die Bodenstruktur und damit die Krümelung, die Wasserhaltefähigkeit und die Durchlüftung des Bodens.
• den Nährstoffgehalt des Bodens bzw. die Form der vorhandenen Nährstoffe. Sie können in löslicher Form vorliegen und sind dann für die Pflanze verfügbar oder in unlöslicher Form gebunden sein, so dass die feinen Wurzelhaare sie nicht aufnehmen können. Saure Böden besitzen eine schlechte Bodenstruktur. Sie sind nass und schlecht durchlüftet. Ihr pH-Wert ist niedrig (unter 7). Basische Böden sind dagegen besser strukturiert. Ihr pH-Wert liegt über 7. Für gutes Gedeihen der Pflanzen spielt der pH-Wert eine entscheidende Rolle. Je nach Pflanzenart wird es manchmal notwendig sein, den pH-Wert des vorhandenen Bodens pflanzengerecht zu verändern. Zwei einfache Möglichkeiten bieten sich dazu an
• Torf. Kalkreiche Erde mit hohem pH-Wert lässt sich mit Torf zum sauren Bereich hin verbessern.
• Kalk. Sauer reagierende oder kalkarme Erde lässt sich mit Kalk zum basischen Bereich hin verbessern.
Seit längerer Zeit spielen immer mehr auch verunreinigte Niederschläge eine Rolle. Viele Schadstoffe der Luft - Abgase verschiedener Herkunft - sind wasserlöslich und gelangen mit dem Regen in den Boden. Der angesäuerte Regen beeinflusst u. a. den natürlichen Säuregrad des Bodens ganz erheblich und damit die typischen Pflanzengesellschaften. Zunächst kränkeln die empfindlicheren Pflanzen und fallen aus. Mit zunehmender Boden- und Luftverunreinigung wirken sich die ungünstigen Bedingungen auch auf robustere Pflanzen aus, wichtige Nährpflanzen für Tiere sterben ab - das biologische Gleichgewicht wird gestört.