6) Bonsai-Gefäße
Jeder Bonsai-Autor kennt die Bedeutung der Töpfe und Schalen für die Bonsai-Anzucht, und er wird nicht versäumen, auf das ausgeprägte Stilempfinden der japanischen Bonsai-Liebhaber hinzuweisen. Nach BEHME sollen amerikanische Bonsai-Freunde sogar Tausende von Dollar allem für Bonsai-Gefäße aus China und Japan ausgeben. Ich für meine Person möchte nicht so weit gehen und neige eher einem der Prinzipien zu, mit dem W. SCHMIDT die japanischen Grundsätze der Bonsai-Gestaltung beschreibt: die Einfachheit lieben, mit Wenigem zufrieden sein (WABI).
Nicht jede Schale ist bonsaigeeignet
Als ich mit dem Pflanzensammeln begann, steckte ich meine Bonsai-Anwärter in Töpfe und Schalen made in Germany. Sowie aber die Pflanzen bonsaitypische Formen annahmen, empfand ich diese Behälter als unwürdig. Dem Wunsch, einige echte Bonsai-Gefäße zu besitzen, gab ich deshalb bald nach. Beim Kauf überraschten mich gleich zwei Dinge in angenehmer Weise: die große Auswahl und der relativ günstige Preis. Als ich aber im Herbst das Umtopfen fast nicht mehr erwarten konnte, merkte ich schnell, dass ich mit meinem Sommereinkauf - gut ein halbes Dutzend Schalen - nicht weit kommen würde. Außerdem bestand meine erste Kollektion aus Schalen, die zu groß waren. Probieren Sie es selbst: Ein Bäumchen in einem zu großen Topf erinnert an einen Clown mit übergroßen Schuhen. Diesem Mangel wollte ich mit einigermaßen originellen Gefäßen aus dem deutschen Kunstgewerbe abhelfen, versah sie mit Abflußlöchern und bepflanzte sie. Doch ich muss sagen, zufrieden war ich nicht. All diesen Erzeugnissen fehlt die angenehme Proportion der japanischen Schalen: die rechteckigen sind zu schmal, die runden zu hoch. Ihre Form wirkt allgemein streng, sie sind zu dickwandig (Bild 12) und an der falschen Stelle glasiert, nämlich innen statt außen. Als ästhetischen und funktionalen Mangel empfinde ich das Fehlen der Füße.
Bild 13. Schalenformen aus Japan und China (Längsschnitt).
Nach BEHME ergänzen viele amerikanische Bonsai-Freunde ihr Lager mit selbstgebastelten Bonsai-Gefäßen. Doch die meisten Behälter, die er in seinem Buch abbildet, überzeugen mich nicht. Wir sollten es bei den überkommenen Formen der Japaner belassen. Sie sind einfach gut. Was die japanische und chinesische Keramik-Industrie an gepressten Schalen- und Topfformen auf den Markt bringt, ist in Bild 13 dargestellt. Es zeigt die wichtigsten Längsschnitte. Das Angebot erhöht sich um ein Vielfaches durch unzählige Abwandlungen im Detail: zusätzliche umlaufende Wülste, abgeschrägte Ecken, eckige Übergänge und so fort. Wer Gefallen findet an schöner, stilvoller Keramik, braucht jedoch nicht unbedingt auf antike asiatische Gefäße zurückzugreifen, die unerschwinglich teuer sind. Auch hierzulande haben sich Künstler des Themas angenommen, wie die handgefertigten Bonsai-Schalen auf Bild 14 zeigen.
Schalen für alle Fälle
Schon beim ersten Eintopfen empfand ich es als Mangel, nicht aus mehreren Schalen aussuchen zu können. Mit dem Vorrat an leeren Gefäßen, den ich mir nach und nach zulegte, kam ich nicht mehr in die Verlegenheit, Pflanzen in die nächstbeste, oft ungeeignete Schale setzen zu müssen. Natürlich ist eine Lagerhaltung nicht gerade billig. Für etwa 30 bepflanzte Behälter und 15 Reserveschalen habe ich, bei einem Durchschnittspreis von 15 Euro, bis jetzt knapp 700 Euro investiert.
Farbe und Glasur
Die Frage nach der Beziehung zwischen Pflanze und Topf lässt sich kaum allgemein beantworten. Hier muss jeder nach seinem Geschmack entscheiden. Einen japanischen Rat aber möchte ich Ihnen ans Herz legen: Verwenden Sie für Ihr Bäumchen ein einfaches, farblich unauffälliges Gefäß, das den Charakter der Pflanze unterstreicht, nicht aber selbst zum Blickfang wird. Wichtig ist der Baum oder die Baumgruppe; das Gefäß darf weder durch seine Größe noch durch auffällige Farben und Formen in den Vordergrund treten.
Abgesehen vom persönlichen Geschmack, sollten bei der Auswahl der Gefäße folgende Hinweise berücksichtigt werden:
• Dunkelbraune Gefäße sind am unverfänglichsten, mindestens für den Anfang, solange wir noch experimentieren. Braun ist die Farbe der Erde und wirkt daher nie aufdringlich.
• Glasierte Gefäße »atmen« nicht, halten aber die Bodenfeuchtigkeit länger. In Behältern aus unglasierter Keramik verdunstet die Feuchtigkeit nicht nur an der Erdoberfläche, sondern auch durch die porösen Wände. Hier zeigen leichte Farbunterschiede an der Außenwand an, ob der Wurzelballen noch feucht ist.
• Ein nach innen gezogener Rand (Bild 13) erschwert das Umtopfen. Beim Herausnehmen der Pflanzen muss man das Wurzelwerk sorgfältig lockern und bei starker Wölbung sogar abstechen.
Auswahl der Gefäße
Einem Anfänger wird es leicht passieren, dass er ein zu großes Gefäß verwendet. Im allgemeinen richtet man sich nach dem Verhältnis
Baumhöhe : Gefäßlänge = 1:1.
Besser aber wird der Gesamteindruck bei einer Gefäßlänge, die 20 - 30% kleiner ist als die Baumlänge (Bild 15).
Kaskadenpflanzen hängen nach einer Seite über und benötigen daher ein besonders standsicheres Gefäß. Man pflanzt sie am besten in einen tiefen Topf, der an sich schon schwer ist. Eine schwere, flache Schale könnte zwar ebenso standfest sein, doch würde sie den Gesamteindruck einer Kaskade mindern.
ln Bild 16a vermittelt die strichpunktierte Umrisslinie eine Betonung der Senkrechten. Das Gesamtbild wirkt harmonisch. lm Bild 16b dagegen fehlt die Ausgewogenheit, so dass sich ein eckiger, unruhiger Gesamteindruck ergibt.